Lässt sich Leiden messen?

 

Der Begriff „Leid“ ist leider weder rechtlich noch wissenschaftlich klar definiert. Es gibt zwar viele, aber keine einheitlichen Kriterien, wie man Leiden eines anderen einschätzt. Also tut es jeder nach eigenem Ermessen. Ein Amt “für Veterinär- und Lebensmittelaufsicht“ geht da einfach vor:  alles, was abgelaufen oder kaputt ist, leidet und muss weg. „Der Hund ist längst überfällig“, wie sich Dr. Zengerling, Leiter der Abteilung äußerte.

Ok, was sagen denn Experten dazu?

Dr. Basikow, öffentlich vereidigter Sachverständiger in Sachen Tierschmerz und –Leid, selbst ein Amtstierarzt in Vergangenheit, beschreibt in seiner Dissertationsarbeit folgende Anzeichen, an welchen sich das Leiden eines Hundes „messen“ lässt:  totale Fressunlust (auch keine Wasseraufnahme), Durchfall und Erbrechen, Anfälle und Krämpfe, Schmerzen, Behinderung bei der Atmung, sich verstecken, totale  Bewegungsunlust, kein Interesse mehr an der Umgebung. Nur falls viele dieser Symptome über mehrere Tage zusammen auftreten, käme die Einschläferung in Überlegung, so Basikow. Dies sei „nicht durch eine Visite in der Wohnung und nicht durch die Inaugenscheinnahme oder durch Betasten von amtlichen Personen ersetzbar. Das Tier muss in seiner Umgebung über einen längeren Zeitraum beobachtet werden, um eine Entscheidung vorzubereiten “

Sogar Schmerzen und Behinderungen wären laut Dr. Basikow noch kein Anlass zum Einschläfern, denn bei Schmerzen „stehen Medikamente in ausreichender Zahl und Qualität zur Verfügung... Ist der Hund alt und gehbehindert, so kann er getragen oder gefahren werden, ist er blind, so kann er geführt werden, hat er keine Zähne mehr, so kann breiige Nahrung gefüttert werden. Sollte er dann irgendwann sterben, so ist es schön für Mensch und Tier, wenn es in der gewohnten Umgebung, in den Händen des Halters geschieht“.

Projektion der eigenen Gefühle


Oft verwechselt man das eigene Leid beim Anblick eines alten oder behinderten Tieres oder Menschen mit seinem eigenen Leid. Man denkt: "Oh, der arme! So alt und so krank möchte ich gar nicht sein! Lieber würde ich sterben!" Man empfindet dabei selbst Leid und Angst vor der eigenen Alterung und Behinderung und man denkt, natürlich leide der andere!

In Wirklichkeit handelt es sich um eigene negative Gefühle und nicht um die des alten Tieres oder Menschen. Ob er/es tatsächlich wegen seines Alters so leidet, wie Sie es glauben - dazu befragen Sie am besten ihre Omis und Opis.

Auf jeden Fall sollte man das Leid eines Tieres mit dem eigenen Leid bei seinem Anblick nicht verwechseln, insbesondere wenn davon die Entscheidung über Leben und Tod abhängt.